Zeitpunkt der Traubenreife
Die in Österreich für Qualitätswein amtlicherseits vorgeschriebene Mindestgrenze von 15 °KMW (Klosterneuburger Mostwaage), entsprechend 73 °Oe (Oechsle), wurde im Burgenland für die Sorte Zweigelt im Beobachtungszeitraum 2008-2013 mit einer sehr geringen Schwankungsamplitude zwischen den einzelnen Gebieten in der Kalenderwoche 34 (KW 34,3 34,9) bestimmt.
Die zweithöchste Qualitätsstufe der Qualitätsweinpyramide in Österreich, den Kabinettwein-Bereich, mit einer Mindestgrenze von 17 °KMW (84 °Oe), erreichte Zweigelt zwischen der KW 36 38 (36,0 38,2) mit einer deutlichen Gebietsdifferenzierung. Vergleichsweise früh stellte sich die 17 °KMW-Marke am Leithaberg Süd und im Haideboden (Seewinkel) ein, relativ spät im Großraum um das Ödenburger Bergland (Marzer Kogel, Neckenmarkt) mitsamt dem Ruster Höhenzug sowie in den Deutsch Schützener Bergen, ganz spät (38. KW) im Oberpullendorfer Becken.
Zumal der Bezug auf Kalenderwochen nur rein kalendarisch einen Jahresvergleich ermöglicht und nicht die stark unterschiedliche phänologische Entwicklung der Reben in den einzelnen Jahren berücksichtigt, wurde die Auswertung auch auf Basis der Anzahl der Tage nach der Rebblüte bis zum Zeitpunkt des Erreichens der 15 °KMW- bzw. 17 °KMW-Marke durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass im Durchschnitt der letzten Jahre (2008 2013) bei Zweigelt das 15-°KMW-Limit 81-86 Tage nach der Blüte erreicht wurde, also in einer sehr engen Bandbreite zwischen den Gebieten. Auch bei der 17-°KMW-Grenze zeigte sich mit 9499 Tagen nach der Blüte im Mittel nur eine geringe Streuung.
Der Sprung von 15 auf 17 °KMW war mit einer Differenz von 10 12 Tagen bei Zweigelt am raschesten am Leithaberg und am Abhang der Parndorfer Platte gegeben, gefolgt vom Seewinkel (mit Ausnahme von des westlichen Seewinkel). Am relativ längsten dauerte der Anstieg am Marzer Kogel und an den Hängen des Ödenburger Gebirges sowie interessanterweise auch im westlichen Seewinkel in Seenähe.
Zeitpunkt des Erreichens der Traubenreife für Qualitätswein (15 °KMW-Marke bzw. 73 °Oe)
mit gebietsspezifischer Betrachtung bei Zweigelt
Zeitpunkt des Erreichens der Traubenreife für Kabinettwein (17 °KMW-Marke bzw. 84 °Oe)
mit gebietsspezifischer Betrachtung bei Zweigelt
Klimatische Abhängigkeiten der Traubenreife
Hochinteressant ist der Befund, dass offenbar viele Rebsorten im Burgenland zu ihrer (Voll-)Reife nicht die Temperatursummen (insb. gemäß HUGLIN-Index) benötigen, wie in mehreren Publikationen geschätzterweise dargelegt wird. Dies sollte im Rahmen der Diskussionen über den Klimawandel und eine allfällig notwendige Veränderung im Sortenspiegel Berücksichtigung finden. Bevor die Sortenfrage aktualisiert wird, gilt es daher zunächst die derzeit praktizierten weinbaubaulichen Kultivierungsmaßnahmen zu überdenken.
Die Beziehung der Zuckereinlagerung in die Beeren (in °Oe) versus der Temperatursumme, einerseits berechnet nach dem HUGLIN-Index, andererseits nach der im Projekt gewählten Berechnungsformel (t-10, d.h. Tagesmittel der Lufttemperatur minus 10 ab 1. April ), in den beiden nachfolgenden Abbildungen beispielgebend dargestellt.
Zweigelt 2010-2012: °Oe vs. Huglin-Index
Zweigelt 2010-2012: °Oe vs. Temp.-Summe (t-10)
Bei der österreichtypischen Rotweinsorte Zweigelt wurde im Burgenland im Mittel der drei Jahre 2010-2012 ein Mostgewicht von 15 °KMW (Mindestmostgewicht für Qualitätswein) bereits bei einer Wärmesumme (berechnet als t-10 ab 01.04.) von 1100-1230 Gradtagen bzw. einen Huglin-Index von 1550-1730 erreicht und die 17-°KMW-Grenze bei 1210-1350 Gradtagen bzw. 1720-1950 nach Huglin. Verständlicherweise besteht aufgrund der vielen Einflussfaktoren eine gewisse Schwankungsbreite zwischen den Werten der einzelnen Referenzstandorte, doch hält sich diese in einer tolerierbaren Größenordnung. Obwohl die geografische Herkunft in ihren Auswirkungen dabei nur relativ gering zum Ausdruck kommt lässt sich ansatzweise dennoch klar erkennen, dass kühleren Standorte, insbesondere jene im Südburgenland, bei einer geringeren Wärmesumme die gleiche Mostgradation erreichen wie die sehr wärmebegünstigten Gebiete im nordburgenländischen Seewinkel. Es liegt die Vermutung nahe, dass auf den tiefreichenden sehr schottrigen, hitzigen Böden und bei dem häufigen, starken, trockenwarmem Wind im Norden das sehr hohe Wärmeangebot trotz massivem Einsatz der Tropfbewässerung durch den nicht abwendbaren Hitze-Trockenstress der Reben in vielen Weingärten (v.a. bei schwach ausgeprägtem und nicht tiefgängigem Wurzelsystem infolge von unterlassenem Rigolen vor der Neuauspflanzung) offenbar kontraproduktiv wirkt.
Zeitpunkt der Lesereife
Geerntet wurden im Burgenland im Durchschnitt der letzten Jahre (auf Basis der beprobten Referenzflächen) die regional wichtigsten Sorten Zweigelt meist zwischen dem 10.09. und 20.9. und Blaufränkisch zwischen dem 17.9. und 4.10. Bei den anderen Rebsorten war ein deutlich differenziertes, sehr betriebsspezifisch geprägtes Bild zu erkennen. Innerhalb einer Gemeinde oder gar eines Weinbaugebietes gab es Differenzen im Lesezeitpunkt bei einer Rebsorte für Qualitätswein von oft mehr als zwei Wochen, bei Sektgrundwein(aus)lese mitunter noch viel mehr.
Im Beobachtungszeitraum 2008-2013 lag der durchschnittliche Zeitpunkt der Lese (Traubenernte) von St. Laurent in der Kalenderwoche (KW) 36,9, von Blauburgunder in der KW 37,9, von Syrah in der KW 39,3, von Merlot in der KW 39,7 und von Cabernet Sauvignon in der KW 40,0. Die wichtigsten Weißweinsorten wurden zwischen der KW 36,3 (Müller-Thurgau), KW 37,7 (Grüner Veltliner), KW 37,8 (Chardonnay) und KW 38,2 (Welschriesling) geerntet.