Burgenland Burgenland Burgenland Burgenland

Erntequalität

Die Mindestanforderungen an Trauben zur Produktion von Qualitätswein in Österreich (d.h. im Gehalt an natürlichem Zucker) wurden im Beobachtungszeitraum (2008-2013) an allen Referenzstandorten im Burgenland deutlich überschritten.

Die Lesegradation (Traubenreifegrad zur Ernte) lag bei der für das Burgenland besonders bedeutungsvollen Rebsorte, der mittelfrühen Rotweinsorte Zweigelt, im Zeitraum 2008-2013 im Durchschnitt bei 88,8 °Oe bzw. 18,0 °KMW (bei n = 53), mit der nur sehr geringen mittleren Spanne von 17,8-18,5 °KMW zwischen den klassischen Weinbaugebieten, wobei der leicht höhere Durchschnittswert im Südburgenland primär unter dem Blickfeld der dortigen geringen Standortzahl (n = 3 und alle Top-Weinbaubetriebe) zu sehen und zu bewerten ist. Der Gehalt an titrierbarer Gesamtsäure erreichte im mehrjährigen Mittel zur Lese Werte zwischen 6,1 g/L (Neusiedlersee) und 6,7 g/L (Mittelburgenland), im Bereich der neu ausgewiesenen natürlichen Weinbau-Einheiten von 6,1 g/L (Seewinkel und Parndorfer Platte) bis 6,9 g/L (im Ödenburger Bergland).
Durchschnittliche Lesegradation (°Oe) bei Zweigelt
in den klassischen Weinbaugebieten des Burgenlandes (2009-2013)

Lesegradation ZW

Durchschnittliche Lesegradation (°Oe) bei Zweigelt
in den natürlichen Weinbau-Kleingebieten des Burgenlandes

(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Lesegradation ZW

Durchschnittlicher Gehalt an titr. Säure zur Lese(g/L) bei Zweigelt
in den natürlichen Weinbau-Kleingebieten des Burgenlandes

(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Tit. Säure ZW
Bei der später reifenden roten Sorte Blaufränkisch betrug der Zuckergehalt zum Erntetermin im Mittel aller vergleichbaren Standorte (n = 46) im Durchschnitt 90,9 °Oe bzw. 18,4 °KMW, noch dazu mit einer äußerst geringen Streubreite zwischen den klassischen Weinbaugebieten von nur 0,2 °KMW. Bei den natürlichen Weinbau-Kleingebieten driftete die Abundanz im mehrjährigen Gebietsmittel von 85,5°Oe (Seewinkel Süd) bis 92,5°Oe (Abhang der Parndorfer Platte) doch etwas weiter auseinander. Die gebietsweisen Unterschiede sollten aber dennoch nicht überbewertet werden, zumal es insbesondere die Auswirkungen von Seite der unterschiedlichen Zahl der Referenzstandorte sowie der betriebsspezifischen vermarktungsorientierten Qualitätslimits und Lesezeitpunkte u.v.a.m. zu beachten gilt.
Durchschnittliche Lesegradation (°Oe) bei Blaufränkisch
in den klassischen Weinbaugebieten des Burgenlandes (2008-2013)

Lesegradation BF

Durchschnittliche Lesegradation (°Oe) bei Blaufränkisch
in den natürlichen Weinbau-Kleingebieten des Burgenlandes

(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Lesegradation BF
Bei den für den burgenländischen Weinbau bedeutenden anderen Rotweinrebsorten spannte sich der Bogen der durchschnittlichen Erntegradation von 84,6 °Oe beim frühreifenden St. Laurent über 94,6 °Oe bei Blauburgunder, 93,2 °Oe bei Merlot, 87,7 °Oe beim später reifenden Syrah bis zu 90,6 °Oe beim sehr spätreifenden Cabernet Sauvignon. Während sich St. Laurent auf den grobanteilreichen Böden (Schotterböden) sehr ausgewogen in der Reifegradation präsentierte, ließen sich bei Merlot und Blauburgunder die höchsten Zuckergehalte im Raum Gols am burgenländischen Wagram (Abhang der Parndorfer Platte) und im Seewinkel (Andau und Illmitz) feststellen. Cabernet Sauvignon erreichte seine Spitzenwerte bei sehr guter Kulturpflege und später Lese (KW 40) im Seewinkel (Ost und West). Die stärksten Streuungen im durchschnittlichen Zuckergehalt waren bei Merlot, Blaufränkisch und Blauburgunder festzustellen.
Durchschnittliche Lesegradation (°Oe) und Lesezeit (KW) bei Rotweinsorten im Burgenland
(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Lesegradation Rotweinsorten

Standortspezifische Schwankungsbreite in der durchschnittlichen Lesegradation (°Oe) bei Rotweinsorten im Burgenland
(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Schwankungsbreite Rotweinsorten
Der Reifegrad gekelterter Trauben von Weißweinrebsorten war nur wenig geprägt von der Herkunft, sondern stand primär im Zeichen des betriebs- oder weingartenspezifischen Verwendungszwecks bzw. der angestrebten Vermarktungsschiene. Die vor allem im Nordburgenland gepflanzten Sorten Müller Thurgau, Grüner Veltliner und Welschriesling finden ihren Hauptabsatz im Bereich „normaler“ Qualitätswein, zum Teil auch als Cuvéepartner für Sektgrundwein. Am Abhang des Leithagebirges pflegen jedoch eine Reihe von Betrieben den Grünen Veltliner spät zu ernten (um KW 40 anstelle von KW 36-37) und (bei einer Erntegradation um 95 °Oe) sehr voluminös und gehaltvoll auszubauen. Chardonnay hat im Burgenland ein deutlich höheres Reifepotenzial (im Mittel um 91 °Oe) als die vergleichbaren Weißweinrebsorten, insbesondere im Seewinkel, am Leithaberg sowie tlw. auch am Ruster Höhenzug, und bietet daher die Möglichkeit einer sehr vielseitigen und vielschichtigen Ausbauweise der Weine. Folglich ist die größte Abundanz im Zuckergehalt bei den Weißweinsorten bei Grüner Veltliner und Chardonnay gegeben.
Durchschnittliche Lesegradation (°Oe) und Lesezeit (KW) bei Weißweinsorten im Burgenland
(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Lesegradation Rotweinsorten

Standortspezifische Schwankungsbreite in der durchschnittlichen Lesegradation (°Oe) bei Weißweinsorten im Burgenland
(auf Basis der Referenzstandorte und durchgehender Datenlage 2008-2013)
Schwankungsbreite Weißweinsorten
Generell betrachtet zeigt sich im Burgenland sowohl bei Rotwein- als auch bei Weißweinrebsorten - bei einigermaßen sorgfältiger Kultivierung der Reben - ein sehr hohes natürliches Qualitätsniveau zur Lese. Dieses Potenzial erfordert im Jahresdurchschnitt kaum oder nur sehr geringe kellerwirtschaftliche Verbesserungsmaßnahmen und ermöglicht gleichzeitig eine große marktorientierte Flexibilität im Weinausbau und Angebot.
Einfluss auf Erntequalität

Nachdem das kleinräumige Herkunftsgebiet im Burgenland offenbar mit nur einem geringen Einfluss auf die Erntequalität ausgemacht wurde, die betriebsspezifisch der angestrebten Bedarfs- bzw. Vermarktungsschiene entsprechende Rebenkultivierung und Leseterminierung jedoch mit einem großen Effekt, war es naheliegend, weitere natürliche Abhängigkeitsgrößen und anthropogene Auswirkungen (Handschrift des Winzers) zu hinterfragen.

Traubenqualität
Zuckergehalt zur Lese von vier einheitlich kultivierten
Zweigelt-Anlage eines Betriebes in Abhängigkeit von der Lage
Halbturn 2008-2013
Die Untersuchungen lieferten teils bekannte, teils unerwartete Ergebnisse. So zeigte sich im Vergleich von vier einheitlich bewirtschafteten Zweigelt-Anlagen eines Betriebes, die in Sichtweite innerhalb eines Gemeindegebietes am Hochplateau, in der Hangmitte, am Hangfuß und in der Ebene liegen (mit annähernd gleichem Bodentyp), dass in der Zuckergradation des Erntematerials die üblicherweise begünstigte Lokalisation im mittleren Bereich des Hanges nur äußerst geringfügig im Jahresdurchschnitt 2008-2013 zum Ausdruck kam.
Unterschiede in der Traubenqualität an der Bergkuppe und am Hangfuß bei Zweigelt
Gols, bgld. Wagram 2013
Traubenqualität
Andererseits war ebenfalls bei der Sorte Zweigelt am gleichen Bergrücken in der benachbarten Gemeinde bei unterschiedlichen Bodentypen und anderer Bodenart aber deutlich erkennbar, dass der hitzige Sandrohboden auf der Bergkuppe stets kleinbeerigere Trauben mit mehr Zucker, weniger Säure und weniger hefeverwertbarem Stickstoff bringt als auf der trockengefallenen Feuchtschwarzerde am Hangfuß bzw. in der Ebene. Etwas unerwartet unterschied sich am Ruster Höhenzug der Schieferboden (Lockersedimentbraunerde) kaum vom Kalkboden (Rendzina) in den Parametern Beerengewicht, Mostgewicht und Säuregehalt des Mostes. Der Vergleich von einem sehr tiefgründig grobanteilreichen Paratschernosem (Schotterboden) mit einem sehr mächtigen Tschernosem ohne Skelettanteil (Schwarzerdeboden) in der sommerheißen weiten Ebene des Seewinkels im Raum Andau/Tadten bei der Sorte Zweigelt (mit jeweils n=4 Anlagen) gab das hohe Potenzial der Schwarzerde zur Zuckereinlagerung zu klar zu erkennen, aber darüber hinaus auch den extrem starken Jahreseffekt trotz Nutzung der Tropfbewässerung. Wie der Einblick in einen persönlichen Langzeitversuch (ab 2003 bis dato) im östlichen Seewinkel (Andau, extrem schotterreicher Paratschernosem, Sorte Zweigelt) im letzten Zeitraum (2011-2013) ganz klar zum Ausdruck bringt, wären in diesem trockensensiblen Gebiet die heute erbrachten Qualitätsleistungen ohne Nutzung der Tropfbewässerung nicht zu erbringen. Zusätzliche Wassergaben erfordern aber ein hohes Fachwissen. Die unkritische Übernahme von Praktiken aus anderen Gebieten Europas, also eine nicht witterungs-, rebsorten-, standort- und rebenbedarfsangepasste Bewässerung, kann fatale Folgen nach sich ziehen (mehr biotische und physiologische Traubenerkrankungen, Minderung der Rebenvitalität u.a.), wie mehrere Betriebe leidvoll zur Kenntnis nehmen mussten.
Einfluss der Tropfbewässerung auf die Traubenreife auf einem trockensensiblen schotterreichen Paratschernosem Zweigelt-Anlage
Andau 2011-2013
Tropfbewässerung
Überraschend wenig gewichtig schlägt sich die Rebunterlage im Ergebnis nieder. Dies zeigt eine Reiher mehrjähriger Vergleichsuntersuchungen. Bei nicht standortangepasstem oder verseuchtem Rebmaterial ergibt sich jedoch eine völlig andere Beurteilungslage. Deutlich stärker kann der Klon einer Sorte die Qualitäts-und Ertragsleistung beeinflussen, wie das Beispiel des Blauburgunder-Vergleiches eröffnet.
Klonbedingte Unterschiede im Zucker- und Säuregehalt in einer Blauburgunder-Anlage
am Beispiel des Jahres 2011, Andau
Klon

Unterlagebedingte Unterschiede im Zucker- und Säuregehalt am Beispiel einer Zweigelt-Anlage
Andau 2011-2013
Unterlage
Eine ganz entscheidende Prägung der Erntemenge und Erntequalität erfolgt durch die jährliche Rebenkultivierung. Vor allem die von der Art und Terminierung der Bodenpflege ausgehende Bereitstellung bzw. Blockierung von Nährstoffen und Wasser wirkt sich in der Steuerung des Rebenwuchses massiv aus. Mit Vorteil sollte ein moderater Triebwuchs angestrebt werden, Kümmerwuchs und Luxuswachstum der Reben schaffen nur Probleme. Die bereits in früheren Arbeiten aufgezeigten sehr deutlichen Auswirkungen der Laubarbeit bzw. Laubgestaltung und der Fruchtansatzregulierung (Ausdünnung der Trauben in Form von Einzeltraubenausdünnung oder Traubenteilung) auf die Qualität und Gesundheit des Erntegutes und in weiterer Folge auf die Bewertung des Weins wurden erneut bestätigt.
Auswirkungen einer Entblätterung der Traubenzone einer Zweigelt-Anlage
Seewinkel 2011
Laubarbeit

Traubenqualität im Zeichen einer Fruchtansatzregulierung („Ausdünnung“) bei Blaufränkisch
Neckenmarkt 2013
Fruchtansatzregulierung
Als Fazit darf demnach festgehalten werden, dass die Erntequalität nicht eindimensional verankert ist und nicht nur auf Basis des Zuckergehaltes beurteilt werden darf, sondern Resultat eines multifaktoriellen Zusammenwirkens vieler Faktoren ist.

Allein das Beispiel des Beerengewichtes in seinen regionalen Unterschieden bei gleichzeitiger Betrachtung (Vernetzung) der Lesegradation bietet hierzu schon einen eindrucksvollen Einblick (bei Zweigelt), vor allem wenn die Kenntnis der jeweiligen Witterung, Böden und gebietsweise typischen Kultivierungstechnik in die Betrachtung mit einfließt. In noch einfacherer und überschaubarer Version ist die Dominanz der betriebsspezifischen Strategie bei den Proben der Sorte Grüner Veltliner aus den Gebieten Seewinkel Ost, Seewinkel West und Leithaberg zu erkennen. So spannt sich der Bogen in den Ernteparametern vom einfachen Qualitätswein bis hin zum Top-Produkt. Das Beerengewicht und das genau Wissen über die Biologie der Rebe im Bereich der Beerenentwicklungsphasen erwies sich dabei als überaus hilfsreicher Beurteilungsindikator.
› Nach Oben › Zurück
Impressum/Datenschutz Kontakt Sitemap Benutzerhinweise