Rebfläche und Betriebe im 20./21.Jh.
Im 20. Jh. prägte zunächst nach Ende des Ersten Weltkrieges der Zerfall von Österreich-Ungarn, dem mit rund 560.000 ha gemeinsamer Rebfläche und einer Jahresproduktion von rund 8 Mio. Hektolitern Jahresproduktion (1908) ehemals viertgrößten Weinland der Welt, die Situation.
Die Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg leitete jedoch nachhaltig einen bislang völlig unbekannten Entwicklungsprozess im Weinbau und in der Weinwirtschaft ein. Es kam zu einer grundlegenden Änderung bei der Betriebsstruktur. Die für das Burgenland typische Realteilung und Realerbteilung, wo bei jedem Erbgang der Betrieb unter den Erbberechtigten aufgeteilt und somit die Anzahl der Klein- und Kleinstparzellen mit der Zeit immer mehr wurde (erklärt die heute noch deutlich erkennbaren sehr schmalen und langen Parzellenstreifen), hatte ausgedient. Die Art der Rebenkultivierung wurde gravierend geändert, anstelle der Jahrhunderte lang praktizierten niederen engräumigen Pfahlkultur trat die mittelweite bis weiträumige Hochkultur, die eine beachtliche Mechanisierung und Rationalisierung ermöglichte. Laufende Änderungen in der Weinbereitung, Weinbezeichnung, Weinkontrolle, Vermarktung, Konsumgewohnheit, Qualitätsanforderung, Rückverfolgbarkeit u.a. prägen die modernen Herausforderungen für die Winzer heute und zukünftig.
Als das Burgenland im Dezember 1921 zu Österreich kam, hatte es eine eigene Weingartenfläche von rund 4.800 ha. Durch das Weinbaugesetz 1936 kam die Begrenzung auf 10.200 ha. Erst ab Mitte der 1960er Jahre wurde die
flächenmäßige Ausdehnung des Weinbaus stark vorangetrieben, kumulierte zwischen 1980-1990 bis in den Bereich von über 20.000 ha und stabilisierte sich im letzten Jahrzehnt auf einem Niveau von rund 14.000 ha Rebfläche. Bei der letzten Erhebung im Jahr 2009 durch die Statistik Austria wurden 13.875 ha Rebfläche (bzw. 30,4 % Österreichs) und 6.627 Weinbaubetriebe ausgewiesen. Aktuell (Stand August 2013) gibt es laut dem Weinbaukataster des Burgenlandes 13.373 ha Weingartenfläche. Das Burgenland ist damit das zweitgrößte weinbautreibende Bundesland Österreichs.
Entwicklung der mit Reben bepflanzten Fläche im Burgenland zwischen 1912-2009
In der regionalen Verteilung dominiert seit einigen Jahrzehnten eindeutig das Gebiet um den Neusiedlersee. Mit 8.305 ha (1999) bzw. 7.679 ha (2009) ist es (laut Statistik Austria) doppelt so groß wie das an zweiter Stelle liegende Gebiet Neusiedlersee-Hügelland. Während in diesen beiden Gebieten der Weinbau in den letzten zehn Jahren flächenmäßig einen massiven Rückgang verzeichnete, konnte im Mittelburgenland und in bescheidenem Umfang auch im Südburgenland (dem mit 500 ha kleinsten burgenländischen Gebiet) die Rebfläche ausgedehnt werden.
Die Zahl der Weinbaubetriebe hat sich in den letzten 60 Jahren dramatisch verringert. Waren es 1951 noch 20.980 Einheiten, so wurden bei der aktuellen Zählung (2009) nur mehr 6.627 Betriebe mit Weinbau ermittelt, was einem Rückgang von 68 % entspricht.
Vor allem die Kleinstbetriebe unter 1 ha Gesamtweingartenfläche haben zum Teil unter starker Inanspruchnahme der Weingartenstilllegungsprogramme 1992 und 1993 den Weinbau aufgegeben. Dadurch und auch wegen der gleichzeitigen Betriebsausdehnung vieler bestehender Betriebe hat die pro Betrieb weinbaulich bewirtschaftete Fläche im letzten Jahrzehnt burgenlandweit um rund 40 % zugenommen, am stärksten im Mittelburgenland mit +71 %. Mit durchschnittlich 3,58 ha Weinbau liegen die Betriebe im Gebiet Neusiedlersee eindeutig voran, wogegen die Betriebe im Südburgenland trotz einer knapp 30 %-igen Steigerungsrate im Durchschnitt aktuell nur 0,35 ha Reben kultivieren.
Die für das Burgenland lange Zeit traditionellen gemischten Betriebsformen mit Acker-, Gemüsebau und/oder Viehwirtschaft sowie Weinbau sind Vergangenheit. Fast ausnahmslos sind heute alle reine Weinbauspezialbetriebe, auch die steigende Zahl an Bio-Betrieben blieb (entgegen dem Bio-Systemansatz) bislang mehrheitlich viehlos.
Im Detail sind die Zahlen zur im Burgenland mit Reben bepflanzten Fläche, gebiets- und bezirksspezifischen Flächenverteilung, Dominanz der Weinbaugemeinden, Veränderung der Zahl der Weinbaubetriebe und weinbaulichen Betriebsgröße sowie jährlichen Erntemenge im Folgenden in Abbildungen und Tabellen dargelegt.
Gebietsspezifische Situation der mit Reben bepflanzten Fläche und Betriebsgröße 1992-2009
|
1992 |
1999 |
2009 |
1999-2009 |
Gebiet |
Bestockte Fläche ha |
Bestockte Fläche ha |
Weinbau je Betrieb ha |
Bestockte Fläche ha |
Weinbau je Betrieb ha |
Rotwein- anteil % |
Veränderung Betriebsgröße in % |
Burgenland |
19.215 |
14.539 |
1,51 |
13.842 |
2,09 |
55,00 |
+38,4 |
Neusiedlersee |
10.387 |
8.305 |
2,54 |
7.649 |
3,58 |
48,36 |
+39,0 |
Neusiedlersee-Hügelland |
6.264 |
3.911 |
1,07 |
3.576 |
1,53 |
47,57 |
+43,0 |
Mittelburgenland |
2.107 |
1.875 |
1,71 |
2.118 |
2,93 |
92,04 |
+71,3 |
Südburgenland |
457 |
449 |
0,27 |
499 |
0,35 |
52,20 |
+29,6 |
Lt. Statistik Austria |
Veränderung der Zahl der Weinbaubetriebe 1930-2009
|
1930 |
1951 |
1960 |
1970 |
1980 |
1994 |
1999 |
2009 |
Burgenland |
13.922 |
20.980 |
18.390 |
16.255 |
16.800 |
11.032 |
9.654 |
6.627 |
Österreich |
67.297 |
83.155 |
72.059 |
56.239 |
42.881 |
35.869 |
32.044 |
20.181 |
Lt. Statistik Austria u.a. |