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Bodenprofile - Ziele und Erstellung

Dem modernen Stand des Wissens entsprechend lässt sich der Boden eines Weingartens in seiner Ansprache und Charakteristik weder allein auf die meist tiefliegende geologische Basis, noch in ackerbaulich orientierter Weise nur auf die obere Krume beschränken, sondern ist vielmehr Ausdruck eines engen komplexen Zusammenspieles von mineralischem Ausgangssubstrat (Muttergestein), Klima, Relief, (Gletscher-, Niederschlags- und Grund-)Wasser, biologischer Aktivität, Vegetation, Mensch(-licher Nutzung) und der (über alle in der Prozess- und Entwicklungsdynamik wirkenden) Zeit, was letztendlich im Entwicklungszustand des Profils eines Bodens bzw. im Differenzierungsgrad der (Boden-) Horizonte zum Ausdruck kommt.

Im Fall der Weinrebe ist zudem besonders zu beachten, dass von primärer Relevanz nur jene Horizonte eines Bodens von Bedeutung sind, die einen Wurzeltiefgang der Rebe potenziell überhaupt zulassen. Der Rebwurzel kommt in der zu erforschenden Thematik „Terroir“ also ein zentrales Kenntnisbedürfnis zu. In diesem Zusammenhang darf/muss bei der aktuellen Suche bzw. Diskussion nach einer möglichen Prägung der Weintypizität durch die Geologie und den Boden ein entsprechendes weinbauliches Grundwissen vorausgesetzt werden. Allseits sollte bekannt sein, dass im heimischen Weinbau ähnlich wie in den meisten anderen Weinbaugebieten Europas seit der Einschleppung der Reblaus im 19. Jh. nur mehr Rebveredlungen (Pfropfreben) zur Auspflanzung gelangen. Da bei diesem Rebenpflanzmaterial die reblaustolerante Unterlage auf eine Länge von ca. 30 cm zugeschnitten wird, beginnen nach der Auspflanzung normalerweise die zentral wichtigen Fußwurzeln der Rebe erst ab dieser Bodenzone mit ihrer Tiefenentwicklung. Dort, wo Seitenwurzeln anstelle der Fußwurzeln dominieren, oft bereits in ab einem Horizontbereich von 10/15 cm und bevorzugt mit horizontaler Wuchsausbreitung, oder sogar Tagwurzeln bedeutend zur Ausbildung gelangt sind, ist dies ein eindeutiges Zeugnis von schlechtem Rebschulmaterial, unsachgemäßer Kulturführung (insbesondere in der Jugendphase der Reben) oder desaströsem Zustand des Bodens. Leider mangelt es vielerorts an diesen grundlegenden Kenntnissen über das native Wurzelsystem der Weinrebe, so dass nicht einmal ansatzweise eine entsprechende Diskussionsebene über Terroir geführt werden kann.
In der Thematik Geologie und Boden als potenziell prägenden Typizitätsfaktor für Rebe und Wein wäre es allseits dienlicher, wenn weniger philosophiert und realitätsferne Theorie abgehandelt würde, sondern stattdessen die tatsächlichen Gegebenheiten der Natur vor Ort und die Rebe mit ihrem nativen Habitus sowie ihren anthropogenen Beeinflussungen mehr im Blickfeld stünden.
Diese einleitenden Ausführungen sollen zum besseren Verständnis dienen, warum im Rahmen des "Wein-Terroir-Burgenland" Projektes in der Zielsetzung dem Aushub von Bodenprofilen in wissenschaftlicher Hinsicht so hohe Bedeutung und so breiter Raum eingeräumt wurde. Diese Profilgruben ermöglichen nämlich zunächst an definierten Örtlichkeiten einen wichtigen Schritt in Richtung Abgrenzung und Vernetzung der Natur-Komponenten Boden und Geologie. So zeigt sich, dass in manchen (wenigen) Fällen, wo der Boden direkt auf dem Muttergestein aufsitzt, tatsächlich eine enge Verbindung zwischen geologischem Untergrund und Boden besteht, an den meisten Standorten im Burgenland jedoch tiefgründige Bodenprofile vorliegen, wo das Ausgangsgestein von verschiedensten Schichten feinem bis grobem Sedimentationsmaterial überlagert ist, wodurch die Bodeneigenschaften eigentlich fast nur durch jene überlagernden Schichten bestimmt sind, aus denen sich der Boden über die Jahrtausende entwickelt hat. Die Bodenprofile gestatten überdies, alle natürlichen Komponenten des Standortes realitätsnah in engem Konnex mit der Arbeit des Winzers im Weingarten (bei der Rebenanlage ebenso wie bei der jährlichen Rebenkultivierung) ganzheitlich betrachten und beurteilen zu können. Im Weiteren bietet sich ein – vom Kartenmaterial unabhängiger - guter stichprobenartiger Einblick in die tatsächliche Variabilitätsbreite der Regionalverteilung der wichtigsten Weingartenböden im Burgenland mitsamt der aktuellen Rebwurzelausbreitung, aber auch die Information über lokale Besonderheiten oder Extremprägungen der Böden. Nicht zuletzt ermöglichten diese Referenz-Profile mit ihrem Datenmaterial eine direkte Bezugsprüfung zur Rebenleistung vor Ort und zu der dort (durch Mikrovinifikation) ermittelten Weintypizität.

Arbeiten Bodenprofil Die Erst-Auswahl der Bodenprofil-Standorte erfolgte zielorientiert auf Basis der geologischen Karten des Burgenlandes, dem Datenmaterial der österreichischen Bodenkartierung und den eigenen Erkenntnissen aus den bereits durchgeführten Boden- und Nährstoffanalysen der Reben an verschiedenen Standorten. Im nächsten Arbeitsschritt sondierte und ortete man vor Ort mit Hilfe eines tiefgängigen Hand-Erdbohrers (bis ca. 1 m Tiefe) an diesen Referenzflächen sowie an weiteren, nahe gelegenen die projektrelevante Brauchbarkeit. Dabei wurde verständlicherweise auch der aktuelle Ist-Zustand auf die Übereinstimmung mit den Daten der geologischen Karten und Bodenkarten überprüft.

Arbeiten Bodenprofil An den letztendlich ausgewählten Standorten wurden im Sommer 2011 die Profile von einem gut eingespielten 6-8 köpfigen Arbeitsteam erstellt. Der Aushub der Bodenlöcher erfolgte glücklicherweise bei optimalen Boden(feuchte)bedingungen mit Hilfe von Baggern (in einigen Fällen zwangshalber auch von Hand aus) im Bereich der Fahrgasse bestehender Weingartenertragsanlagen. Die Profilgruben wurden, soweit es der geologisch feste Untergrund nicht verhinderte, in der Regel zumindest bis auf eine Tiefe von ca. 1 Meter ausgehoben, einigerorts sogar bis unter 5 Meter (so tief der Baggerarm mit der Schaufel reichte), und zwar normalerweise mit einer Grubenbreite von 1-2 m und einer (von der Basis der vertikalen Profilwand schräg zur Bodenkante in der Fahrbahn verlaufenden) Länge von 5-10 m.

Arbeiten Bodenprofil


Für die Profilansprache musste jede vertikale Profilwand zunächst mittels Spaten zurechtgeputzt, gesäubert und vorbereitet werden. Dies erleichterte visuell die Horizontabfolge und daraus ableitend den Bodentyp anzusprechen. Nach fotografischer Aufnahme des Bodenprofils wurden folgende Fakten einer visuellen oder händischen Beurteilung unterzogen:
► Bodenhorizontabfolge
► Horizontmächtigkeit
► Bodenart (Fingerprobe)
► Kalkgehalt (einfacher Test)
► Gründigkeit
► Grobanteil bzw. Skelettanteil
► Bodenverdichtungen (anthropogen bedingt)
► Bodenstruktur und Porosität
► Aktivität von Bodenorganismen
► Wasserverhältnisse
► Humusgehalt
► Rebwurzeltiefgang

Arbeiten Bodenprofil Aus jedem detektierten Horizont des Profils wurde zudem eine Bodenprobe zur Analyse von bodenkundlichen chemischen und physikalischen Kennwerten entnommen (je 29 Parameter pro Probe), ergänzt durch die Sonderuntersuchung der Korngrößenbestimmung (Anteil der Fraktionen Sand, Schluff und Ton), wodurch die Bodenart – nebst der einfachen Grobansprache Vor-Ort – nachfolgend richtig bestimmt werden konnte. Die Analytik wurde bei der AGES Wien in Aufrag gegeben und durchgeführt.


Arbeiten Bodenprofil


Von den Sondierungsgrabungen abgesehen stehen nun Interessierten in Summe 38 Profile als repräsentative Bodenbeispiele für den burgenländischen Weinbau zur Verfügung (u. zw. 16 Weinbaugebiet Neusiedlersee, 7 Neusiedlersee-Hügelland, 11 Mittelburgenland, 4 Südburgenland). Die geografische Lage der 38 Bodenprofilstellen ist in der nachfolgenden Abbildung ersichtlich (örtliche Lage und Verteilung der 38 Bodenprofile)

Arbeiten Bodenprofil
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